9. Wohnen
9.4 Dörfer
Während die Hochhäuser unserer Städte sehr zentralisiert sind (ob sie nun einem Unternehmen, einem Kollektiv oder dem Staat gehören), sind Dörfer die Orte des Individualismus. Für diejenigen, die alles selbst in die Hand nehmen wollen. Um in einem Haus wohnen, das einem selbst gehört, das man vielleicht sogar selbst gebaut hat, mit einem großen Garten, um zumindest einen Teil der eigenen Nahrung selbst anzubauen.
Wir werden da also nicht als Staat daherkommen und festlegen, wie ein Dorf organisiert zu sein hat. Das ist etwas, das jedes Dorf selbst bestimmen sollte. Es wird weniger gut geschützt sein als die Bürger der Stadt mit ihren unterirdischen Verkehrsnetzen und Schutzkellern. Aber auf der anderen Seite sind sie auch ein viel unattraktiveres Ziel: Während in der Stadt Zehn- oder Hunderttausende wohnen, sind es auf dem Dorf nur ein paar Hundert. In vielen Katastrophenfällen werden sie also ganz von allein weniger stark betroffen sein. So oder so ist es die Entscheidung der Dorfbewohner, ob und wie sie sich auf Notfälle vorbereiten wollen, mit der sie dann auch leben müssen.
Um etwas Grundlegendes noch einmal festzuhalten: Es geht nicht darum, zu entscheiden, ob Stadt oder Dorf "besser" ist. Das ist kein entweder/oder, sondern ein sowohl als auch. Städte bieten große Vorteile durch ihre Zentralisierung und können viel mehr Dienstleistungen anbieten, als dies auf dem Dorf möglich ist (siehe auch Kapitel 8.2 „Öffentlicher Personentransport“).
Dörfer dagegen sind wichtig, damit Menschen nah an landwirtschaftlichen Nutzflächen leben. Auch wenn das in der Zukunft einmal alles automatisiert sein sollte, und auch wenn Städte besser in Gemeinschaften unterteilt und stärker begrünt sind: Dörfer machen Gesellschaften durch ihre Vielfalt und ihre Autonomie widerstandsfähiger und sind ein wichtiger Ort, um verschiedene Formen von Gemeinschaftsorganisation ausprobieren zu können.
Diese Zukunftsvision macht Städte deutlich besser, während wir Dörfer unverändert lassen. Dafür haben wir vorher, mit der Zukunftsvision eines kostenlosen öffentlichen Personentransports, die Dörfer durch eine gute Anbindung an die Stadt attraktiver gemacht. Dörfer sollen auch weiterhin eine echte Alternative zur Stadt bleiben.
Spannend ist, dass mein Stadtentwurf die Rollen von Stadt und Dorf ein Stück weit umkehrt: Das Dorf ist der laute und betriebsame Ort, nah an wirtschaftlich genutzten Flächen (Feldern und Viehzucht). Die Stadt dagegen ist der Ort, wo man jeden in der Nachbarschaft gut kennt, grün direkt vor der Wohnungstür hat, und Wald und Wanderwege direkt vor der Tür des Hochhauses beginnen, ohne jeden Verkehrslärm.